physiotherapie bei rückenschmerzen durch spinalkanalstenose
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Verschleißerscheinung an der Wirbelsäule

Spinalkanalstenose: Verengung des Spinalkanals

Von: Constantin Weichert (Medizinautor)
Letzte Aktualisierung: 06.01.2022

Rückenschmerzen sind in der deutschen Bevölkerung sehr weit verbreitet. Insbesondere bei älteren Menschen kann eine Einengung des Spinalkanals, die sogenannte Spinalkanalstenose, dahinterstecken. Diese entsteht aufgrund von Verschleißprozessen der Wirbel und geht mit (teils starken) Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen einher. Zur Vorbeugung und Behandlung gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Was ist eine Spinalkanalstenose?

Stenose bedeutet so viel wie Verengung und bezieht sich in der Medizin meist auf die Verengung von Blutgefäßen, Kanälen oder anderen Hohlorganen. Bei der Spinalkanalstenose ist dementsprechend der Spinalkanal der Wirbelsäule verengt. Weitere Bezeichnungen sind Spinalstenose, spinale Stenose oder Wirbelkanalstenose.

Häufig wird die Spinalkanalstenose auch als degenerative Spinalkanalstenose bezeichnet, da sie vor allem infolge von Verschleißprozessen im Alter zwischen 60 und 70 Jahren auftritt. Eine andere Bezeichnung ist die lumbale Spinalkanalstenose, da in den meisten Fällen der lumbale Teil der Wirbelsäule (Lendenwirbelsäule, abgekürzt als LWS) betroffen ist, also der untere Rücken.

Prinzipiell kann diese Stenose auch an der Halswirbelsäule (HWS) oder Brustwirbelsäule (BWS) auftreten. Eine sogenannte zervikale Spinalkanalstenose oder thorakale Spinalkanalstenose, wie diese beiden Formen auch genannt werden, ist jedoch deutlich seltener.

Wo befindet sich der Spinalkanal?

Der Spinalkanal ist der Kanal in der Wirbelsäule, in dem das Rückenmark verläuft. Er befindet sich von vorne (ventral) gesehen hinter den Wirbelkörpern und wird nach hinten (dorsal) von den Wirbelbögen begrenzt.

Im Spinalkanal läuft das Rückenmark von oben (kranial) nach unten (kaudal) und gibt auf dem Weg jeweils zwischen zwei Wirbeln einen Spinalnerven nach rechts und links durch die sogenannten Zwischenwirbellöcher (Foramina intervertebralia) ab.
Insgesamt existieren beim Menschen in der Regel 31 Spinalnervenpaare. Bei der Spinalkanalstenose können sowohl der Spinalkanal als auch die Zwischenwirbellöcher verengt sein.

Wie kommt es zu einer Spinalkanalstenose?

Ursache für die Einengung des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher ist der Verschleiß der knorpeligen und knöchernen Strukturen in der jeweils direkten Umgebung. Im Laufe des Lebens nutzen sich die Wirbelkörper, die Bandscheiben und die kleinen Gelenke an den Wirbelbögen, die sogenannten Facettengelenke, ab. Die Folge sind Arthrose der Gelenke, Vorwölbungen der Bandscheiben (Protrusion) oder sogenannte Anbauten an den Wirbelkörpern und Wirbelbögen (Spondylophyten).

Diese Prozesse treten meist in Kombination auf, können aber auch einzeln zu einer Einengung des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher führen, wodurch das Rückenmark und die Spinalnerven weniger Platz zur Verfügung haben. Die Folge solcher Einengungen sind Nervenreizungen, die Schmerzen, Taubheitsgefühle und Missempfindungen auslösen können.

Welche Beschwerden macht eine Spinalkanalstenose?

Das sogenannte Leitsymptom – also das zentrale Symptom – der Spinalkanalstenose sind belastungsabhängige Rückenschmerzen, insbesondere im unteren Rücken. Auch Beinschmerzen können auftreten.

Die Schmerzen treten vor allem bei langem aufrechtem Stehen oder Gehen auf und werden auch als claudicatio intermittens spinalis bezeichnet. Claudicatio intermittens bedeutet intermittierend auftretendes, also zeitweilig aussetzendes, Hinken. Der Zusatz spinalis beschreibt, dass die Ursache für das Hinken am Spinalkanal zu finden ist. Die Schmerzen führen dazu, dass Betroffene häufig nur noch kürzere Gehstrecken zurücklegen können.
Außerdem typisch für die Spinalkanalstenose ist, dass die Beschwerden bei Krümmung des Rückens nach vorne, beispielsweise beim Fahrradfahren oder Sitzen, nachlassen. Der Grund hierfür ist, dass die Zwischenwirbellöcher dabei etwas gedehnt werden und die Spinalnerven etwas mehr Platz zur Verfügung haben.

Eine Verschlechterung der Symptomatik ist bei Überstrecken des Rückens (Reklination), wie es zum Beispiel beim Bergabgehen der Fall ist, zu beobachten. Ebenfalls häufig unangenehm und für die Betroffenen schwierig ist Treppensteigen. Neben Schmerzen können auch Taubheitsgefühle und andere Missempfindungen auftreten.

Wie erkennt man eine Spinalkanalstenose?

Neben den recht typischen Symptomen ist bei einer Spinalkanalstenose die körperliche Untersuchung durch einen Arzt ein wichtiger Teil der Diagnostik. Mit Sicherheit kann die Diagnose einer Spinalkanalverengung jedoch ausschließlich durch bildgebende Verfahren wie die Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) gestellt werden. Eine untergeordnete Rolle spielt das konventionelle Röntgen, da seine Aussagekraft in diesem Fall begrenzt ist.

Das beste bildgebende Verfahren ist bei einer Spinalkanalstenose die MRT. Alternativ kann eine CT-Myelografie durchgeführt werden, bei der ein Kontrastmittel in den Spinalkanal gespritzt wird.

Was bedeutet „hochgradige Spinalkanalstenose“?

Die Schwere der Stenose kann anhand der Bildgebung eingeschätzt werden. Genormte Einteilungsgrade gibt es dabei zwar nicht. In der Beurteilung der Bildgebung erfahrene Ärzte können jedoch einschätzen, ob den Nerven noch ausreichend Platz zur Verfügung steht oder nicht. Dementsprechend kann eine Stenose als leicht-, mittel- oder hochgradig bezeichnet werden.

Wichtig ist jedoch, dass für die Therapie insbesondere die Symptomatik des Betroffenen entscheidend ist. Hat er trotz einer leichtgradigen Stenose massive Schmerzen, ist dennoch eine Therapie angebracht. Umgekehrt muss nicht jede hochgradige Stenose behandelt werden, wenn der Betroffene beschwerdefrei ist.

Was hilft gegen Schmerzen bei Spinalkanalstenose?

Die Therapie der Spinalkanalstenose kann auf verschiedenen Wegen erfolgen:

  • Konservativ, beispielsweise mittels Physiotherapie, Schmerzmitteln oder Facetteninfiltration
  • Operativ

In jedem Fall stehen das Beheben der Schmerzen sowie die Wiederherstellung der Beweglichkeit im Zentrum der Maßnahmen.

Konservative Therapie durch Physiotherapie

Bei der Behandlung der Spinalkanalstenose stehen zuerst sogenannte konservative Maßnahmen im Vordergrund. Sie behandeln nicht die Ursache der Erkrankung selbst, sondern versuchen, die Schmerzen und anderen Beschwerden zu verringern. Eine große Rolle spielt dabei die Physiotherapie. Erfahrene Physiotherapeuten können versuchen, die häufig verkrampfte Muskulatur zu lockern und eventuell vorhandene Haltungsfehler der Betroffenen zu korrigieren. Die Erkrankten erlernen eine richtige Haltung und Übungen, um mit ihren Schmerzen umzugehen.

Auch gezieltes Krafttraining und eine Stärkung der Rückenmuskulatur können zur Behandlung und zur Vorbeugung einer Spinalkanalstenose zum Einsatz kommen.
Wärme wird in der Regel ebenfalls als sehr wohltuend empfunden, da die Schmerzen häufig von der verkrampften Rückenmuskulatur ausgelöst werden. Die Wärme kann dabei helfen, die Verkrampfungen zu lösen.

Schmerzmittel zur konservativen Behandlung

Ein weiterer Bestandteil der Behandlung ist die medikamentöse Schmerztherapie. Diese sollte nicht in Eigenregie, sondern unter Aufsicht eines erfahrenen Arztes durchgeführt werden. Das kann der Hausarzt oder auch ein spezialisierter Schmerzmediziner sein. Zu warnen ist in jedem Fall vor Eigenmedikation mit Schmerzmitteln, da diese potenziell gefährliche Nebenwirkungen haben können.

Die medikamentöse Schmerztherapie kann in verschiedenen Abstufungen erfolgen:

  • Begonnen wird eine Schmerztherapie in der Regel mit einem sogenannten nicht-opioid Analgetika. Zu dieser Gruppe zählen unter anderem Ibuprofen, Paracetamol und Novalgin.
  • Sollte dies nicht ausreichen, können niedrig-potente Opioide wie Tilidin oder Tramadol hinzugefügt werden.
  • Sorgt auch diese Kombination nicht für eine zufriedenstellende Schmerzreduktion, werden nicht-opiod-Analgetika mit hoch-potenten Opioiden wie Oxycodon, Fentanyl oder Piritramid kombiniert.
  • Als sogenannte Adjuvantien (Unterstützer beziehungsweise Helfer) können beispielsweise Antidepressiva wie Amitriptylin, die ebenfalls eine analgetische Wirksamkeit besitzen, zum Einsatz kommen.

Facetteninfiltration: Lokale Betäubung betroffener Stellen

Ebenfalls als konservativer Ansatz, der jedoch mit einer Gewebeverletzung (Invasivität) einhergeht, kommt die Facetteninfiltration infrage. Bei dieser Therapiemethode wird unmittelbar an die Stelle des Schmerzes, nämlich direkt an die Facettengelenke, ein Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) gespritzt. Das Gelenk wird sozusagen mit Lokalanästhetikum „infiltriert“. Dies geschieht meist CT-gestützt, also unter Sichtkontrolle durch eine CT, um die betreffende Stelle genau zu treffen.

Operative Therapie

Die operative Therapie wird heute meist als sogenannte mikrochirurgische Dekompression durchgeführt. Nachdem ein kleiner Hautschnitt gemacht wurde, entfernt der Operateur dabei mithilfe eines OP-Mikroskops das Gewebe und arbeitet sich bis zu den Zwischenwirbellöchern vor. Anschließend werden die einengenden Strukturen entfernt und so eine Dekompression (also eine Druckentlastung) der Nerven erreicht.
Es kann sogar eine Laminotomie, also die teilweise Entfernung eines Wirbelbogens, durchgeführt werden. Liegt gleichzeitig eine Instabilität der Wirbel vor, muss mitunter auch eine Versteifung vorgenommen werden.

Die OP-Dauer ist je nach Eingriff sehr verschieden und kann von einer bis zu mehreren Stunden variieren. Die Erfolgsaussichten sind recht gut. In etwa drei Viertel der Fälle gehen die Schmerzen nach der Operation zurück und die schmerzfreie Gehstrecke des Betroffenen verlängert sich.

Wann sollte man eine Spinalkanalstenose operieren lassen?

Grundsätzlich sollte bei neurologischen Symptomen wie Taubheitsgefühlen, Lähmungen oder Missempfindungen eine Operation in Erwägung gezogen werden. Bei Lähmungserscheinung ist häufig sogar eine Notfall-OP notwendig, da der betroffene Nerv absterben könnte.

Außerdem kann auch dann über eine Spinalkanal-OP nachgedacht werden, wenn die konservativen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden, aber dennoch Schmerzen bestehen.

Spinalkanalstenosen-OP – wie lange krank?

Die Krankheitsdauer richtet sich sehr nach der Art und Technik der durchgeführten Operation, nach der Schwere des Befundes und nach der individuellen körperlichen Verfassung. Im Regelfall kann von einer Krankschreibung für vier bis sechs Wochen ausgegangen werden. Die Krankheitsdauer unterliegt aber großen Schwankungen.

Ist eine Spinalkanalstenose heilbar?

Geheilt werden kann die Spinalkanalstenose ausschließlich operativ. Der Chirurg kann die Ursachen der Beschwerden, die Einengung des Spinalkanals, operativ beseitigen. Dann gilt der Betroffene als geheilt. Häufig ist in der MRT nach einer solchen Operation auch nachweisbar, dass die Nerven wieder mehr Platz zur Verfügung haben.

Eine absolute Beschwerdefreiheit ist jedoch auch durch eine Operation nicht zu garantieren. Deswegen ist die Frage, ob eine Spinalkanalverengung heilbar ist, nicht pauschal zu beantworten, sondern muss im jeweiligen Fall mit dem Arzt besprochen werden.

Kann man einer Spinalkanalstenose vorbeugen?

Zur Vorbeugung einer Spinalkanalstenose sollte auf eine korrekte Haltung geachtet werden. Ein Hohlkreuz oder ein Buckel sollten zum Beispiel vermieden werden. Außerdem ist es ratsam, eventuell vorhandene muskuläre Dysbalancen (muskuläres Ungleichgewicht) mithilfe von Physiotherapie und gezieltem Muskeltraining auszugleichen.

Ebenfalls empfehlenswert ist es, langes Sitzen zu vermeiden und ein ausreichendes Maß an Bewegung sicherzustellen. Hierbei sind vor allem gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen zu empfehlen. Eine gut trainierte Rückenmuskulatur kann ebenfalls hilfreich sein, um degenerativen Erkrankungen wie der Spinalkanalstenose so gut wie möglich vorzubeugen.