Bandscheibenvorfall: Wann ist eine Operation nötig?
Bei einem Bandscheibenleiden wird zunächst versucht, die Beschwerden nicht-operativ zu behandeln. Nur wenn diese Maßnahmen nicht helfen und Nervenschädigungen drohen, ist eine Operation notwendig.
Nach einem Bandscheibenvorfall fragen sich die meisten Patienten: "Muss ich operiert werden?" Dabei ist es in den meisten Fällen nicht nötig, zum Skalpell zu greifen. Grundsätzlich gilt: Jeder Patient mit Bandscheibenvorfall sollte so schonend wie möglich behandelt werden.
Artikelinhalte im Überblick:
Multimodale Schmerztherapie – wirkungsvoller Ansatz bei Bandscheibenproblemen
Zunächst kommen konservative Therapiemöglichkeiten zum Einsatz. "Bei kleineren Bandscheibenvorfällen zum Beispiel, die keine neurologischen Störungen verursachen, raten wir meist abzuwarten", sagt Carmen Leichtle, Professorin an der Medizinischen Uniklinik der Tübinger Universität.
Als ein wirkungsvoller Ansatz zur Behandlung von Rückenschmerzen infolge eines Bandscheibenvorfalls hat sich die multimodale Schmerztherapie erwiesen. Dabei wird eine intensive antientzündliche Schmerzbehandlung (sowohl konservativ als auch interventionell) mit körperlichem Bewegungstraining (Krankengymnastik, Rückenschule), psychotherapeutischen Therapien zum Erlernen von Entspannungs- und Stressbewältigungstechniken, ergotherapeutischen Maßnahmen sowie einer Aufklärung der Patienten über Schmerzentstehung und Risikofaktoren kombiniert.
Die Therapie dauert in der Regel mehrere Wochen und wird ganztags in einer spezialisierten ambulanten Einrichtung durchgeführt.
Nur Operation, wenn durch Bandscheibenvorfall Nervenschädigungen drohen
Erst, wenn diese Maßnahmen keinen Erfolg bringen oder etwa bei einem akuten Bandscheibenvorfall Nerven eingeklemmt werden, sodass dauerhafte Schädigungen und Lähmungen drohen, wird eine operative Therapie notwendig. Auch, wenn die Rückenbeschwerden nach mehreren Monaten (in der Regel zwölf Wochen) nicht zurückgegangen sind, ziehen Arzt und Patient gemeinsam operative Maßnahmen in Erwägung. Dazu zählen minimal-invasive Verfahren (sogenannte „Knopflochchirurgie“) und offene Operationstechniken.
"Die Bandscheibenoperation erfolgt heutzutage mikrochirurgisch, also über einen kleinen Schnitt am Rücken und unter Verwendung eines Mikroskops oder einer Kamera, wie man sie von Gelenkspiegelungen kennt", so Leichtle. Der Eingriff sei mit 30 bis 60 Minuten relativ kurz. Dennoch handele es sich nicht um eine risikofreie OP. "Es ist grundsätzlich streng abzuwägen, wann eine Operation wirklich sinnvoll ist und wann nicht", sagt Leichtle.
Bandscheibenoperation alleine reicht nicht
Eine Operation der vorgefallenen Bandscheibe sei darüber hinaus "nur die halbe Miete", so die Expertin aus Tübingen. Patienten müssten sich langfristig ein rückengerechtes Verhalten in Alltag und Freizeit angewöhnen und die Rumpfmuskulatur stärken. "Die operative Entfernung des Bandscheibenvorfalls zielt auf Behebung oder Verbesserung der akuten Beschwerden ab", ändere aber nichts an der defekten Bandscheibe, sagt sie. Die Bandscheibe könne in der Folge erneut Beschwerden verursachen oder sogar eine weitere Operation erfordern.
Besteht die Gefahr von anhaltenden Schäden nach Bandscheibenvorfall?
Es gibt Beschwerden nach dem Bandscheibenvorfall, bei denen Betroffene unverzüglich zum Arzt gehen sollten. Zu den Warnzeichen gehören:
- Muskelschwäche und Lähmungserscheinungen in Armen oder Beinen mit Störungen der Fein- und Grobmotorik (Fallenlassen von Gegenständen, Gangunsicherheit),
- unwillkürlicher Harn- und Stuhlabgang, die Anzeichen einer Lähmung der Harnblase und des Mastdarms sein können,
- Empfindungsstörungen an den Innenseiten der Oberschenkel, im Bereich der Genitalien und der Region um den Anus ("Reithosenanästhesie"),
- plötzliche, gemeinsam mit den anderen Beschwerden auftretende Impotenz.