Rückenschmerzen: Wann besteht akute Gefahr?
Hinter Rückenschmerzen können sich Erkrankungen verbergen, die unbehandelt zu ernsthaften Komplikationen führen. Was sind alarmierende Anzeichen dafür?
Etwa 70 Prozent der Wirbelsäulenbeschwerden treten im Lendenbereich auf. Die Ursachen sind vielfältig: Bewegungsmangel und Fehlhaltungen in Beruf und Freizeit etwa sind ein häufiger Auslöser für schmerzhafte muskuläre Verspannungen. Diese können durch Schmerztherapie, Physiotherapie und ein gezieltes Bewegungstraining in den meisten Fällen gut behandelt werden. Doch auch andere Erkrankungen kommen für ein schmerzendes Kreuz infrage - Erkrankungen, die unbehandelt zu schweren und folgenreichen Komplikationen führen können.
Wie werden Rückenschmerzen klassifiziert?
Ob eine eher harmlose oder doch gefährliche Ursache hinter Rückenschmerzen steckt, können Mediziner zum Teil bereits an den Symptomen ablesen. Neben der Einteilung in akute, subakute und chronische Kreuzschmerzen gibt es deshalb auch eine Klassifikation in einfache und komplizierte Kreuzschmerzen sowie alarmierende Wirbelsäulensymptome.
Wann gilt der Rückenschmerz als kompliziert?
Als kompliziert werden Rückenschmerzen eingestuft, wenn sie durch Wirbelsäulendeformitäten wie etwa Skoliose,Beckenschiefstand, Morbus Scheuermann, Morbus Bechterew oder Wirbelgleiten hervorgerufen werden. In besonderem Maße wird der Arzt auch bei jüngeren Patienten unter 20 Jahren auf solche Veränderungen achten, um mit einer frühzeitigen Therapie Folgeschäden zu vermeiden.
Bei älteren Menschen liegen häufiger Rückenschmerzen im Zusammenhang mit Wirbelsäulendeformitäten wie Wirbelkanalverengung (Spinalkanalstenose), Knochenschwund (Osteoporose) oder auch Knochenmetastasen infolge einer Krebserkrankung vor, die ebenso als komplizierte Rückenschmerzen gelten und die der Arzt bei der Diagnose der Ursache der Rückenschmerzen bei dieser Altersgruppe besonders im Auge haben muss. Auch wenn mit den Kreuzschmerzen verbunden Bewegungseinschränkungen einhergehen, die länger als sechs Wochen anhalten, spricht man von komplizierten Rückenschmerzen.
Als kompliziert werden Rückenschmerzen außerdem angesehen, wenn sie länger als sechs Wochen anhalten oder wenn aus anderen Gründen ihre Chronifizierung droht. Für die Einstufung als „kompliziert“ reicht bereits das Vorliegen eines Risikofaktors für chronische Rückenschmerzen aus. Hierzu zählen beispielsweise Überforderung und Unzufriedenheit im Beruf, psychosomatische Rückenbeschwerden wie Depression oder Angstzustände, Bewegungsmangel und eine schlechte körperliche Verfassung.
Komplizierte Rückenschmerzen behandeln
Komplizierte Rückenschmerzen sollten in jedem Fall behandelt werden, um ihre Chronifizierung und schwerwiegende Folgeschäden zu verhindern. Neben der Behandlung der eigentlichen Ursache (soweit möglich) kommen dafür eine medikamentöse Schmerztherapie und weitere therapeutische Maßnahmen wie spezifische Bewegungstherapie, Rückenschule, Massage, Akupunktur, Entspannungs- und Verhaltenstherapie infrage.
Gleichzeitig wird den Betroffenen empfohlen, ihre alltäglichen und beruflichen Verrichtungen, wenn möglich, weiterzuführen. Keinesfalls sollte über einen längeren Zeitraum Bettruhe eingehalten werden, da dies die Beschwerden oftmals eher noch verschlimmert.
Wann ist Rückenschmerz ein Alarmsignal?
Droht eine ernsthafte Schädigung der Rückenmarksnerven, muss in der Regel eine Behandlung, meist operativ, erfolgen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn bei einem Bandscheibenvorfall die hervortretende Bandscheibe auf die Spinalnervenwurzeln drückt. Es kommt zur Ischialgie. Darunter versteht man Schmerzen, die von der Lendengegend in das betroffene Bein und bis zum Fußaußenrand ausstrahlen. Daneben imponieren Störungen der Sensibilität sowie Lähmungen der von den betroffenen Nervenwurzeln versorgten Muskulatur. Kennen Sie sich aus mit Rückenschmerz?
Alternativ kann es durch Stenosen des Spinalkanals (Enge des knöchernen Rückenmarkkanals) neben plötzlichen, in beide Beine einschießende Schmerzen auch zu Sensiblitätsstörungen und Lähmungen (Claudicatio spinalis) kommen. Beim eher seltenen Cauda-Syndrom wird durch Bandscheibenvorfall oder Stenose des Spinalkanals die Cauda equina (unterster Teil des Rückenmarks im Lenden- und Kreuzbeinbereich) komprimiert. Dann darf mit einer Behandlung nicht gezögert werden.
Alarmierende Anzeichen, bei denen sofort gehandelt werden muss, sind:
Bei Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelbereich
- Muskelschwäche und plötzliche Lähmungserscheinungen in den Beinen
Bei Kaudasyndrom
- Schlaffe Lähmung mit Schmerzen und Empfindungsstörungen (Taubheit, Kribbeln) an den Innenseiten der Oberschenkel (Reithosenanästhesie), im Genitalbereich und um den Anus
- unwillkürlicher Harn- oder Stuhlabgang.
Eine baldmöglichste Einweisung in die Klinik ist bei Vorliegen eines oder mehrerer dieser Symptome unerlässlich. Oft kann nur durch eine umgehende Operation verhindert werden, dass dauerhafte Nervenausfälle und Lähmungen zurückbleiben.
Handelt es sich bei den Rückenschmerzen um positionsabhängige Dauerschmerzen und kommen weitere Symptome wie ein allgemeines Krankheitsgefühl oder Gewichtsverlust hinzu, sollte ebenfalls umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Dieser muss abklären, ob dem Rückenschmerz eine schwere Entzündung oder eine Krebserkrankung zugrunde liegen.