Opioide gegen Rückenschmerzen: Langfristige Wirksamkeit unbelegt
Starke, anhaltende (chronische) Rückenschmerzen werden oft mit Opioiden behandelt. Die Wirksamkeit dieser Medikamente scheint jedoch begrenzt zu sein, wie eine zusammenfassende Auswertung verschiedener Studien ergab. Es besteht möglicherweise ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen und die Entstehung einer Medikamenten-Abhängigkeit.
Bei Opioiden handelt es sich um Morphium-ähnliche Medikamente. Sie hemmen die Erregungsleitung schmerzvermittelnder Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark, indem sie an speziellen Bindungsstellen, so genannten Opioidrezeptoren, andocken. Sie werden in der Regel nur bei sehr starken Rückenschmerzen eingesetzt.
Opioide gegen Rückenleid meist nur kurzzeitig eingesetzt
In der Untersuchung, in der ein Forscherteam verschiedene Studien aus den Jahren 1966 bis 2005 berücksichtigte, zeigte sich, dass die Verschreibung von Opioiden bei chronischen Rückenschmerzen unterschiedlich gehandhabt wird. Zwischen drei und 66 Prozent der Studienteilnehmer, die an anhaltenden Rückenschmerzen litten, erhielten Opioide. Kurzzeitig konnten die Schmerzen damit in den meisten Fällen gelindert werden. Allerdings unterschied sich die Wirksamkeit der Opioide bei einem direkten Vergleich statistisch nicht von der Wirksamkeit anderer, nicht opioidartiger Schmerzmittel.
Nebenwirkungen von Opioiden: Übelkeit und Abhängigkeit
Ob Opioide auch bei längerfristiger Einnahme von mehr als 16 Wochen noch effektiv gegen Rückenschmerzen wirken, ließ sich anhand der vorliegenden Studien nicht feststellen, dazu war kein Datenmaterial verfügbar. Deutlich hingegen wurde die Gefahr von Nebenwirkungen: Nahezu die Hälfte aller Patienten entwickelte typische Opioid-Beschwerden wie Müdigkeit, Übelkeit, Verstopfung oder Erbrechen.
Darüber hinaus ergaben sich bei bis zu 24 Prozent der Studienteilnehmer Hinweise auf einen Missbrauch bei der Medikamenteneinnahme. Inwiefern bei einer längerfristigen Anwendung von Opioiden gegen Rückenschmerzen tatsächlich ein erhöhtes Abhängigkeitsrisiko besteht, konnte jedoch nicht eindeutig geklärt werden. Dazu reichten das Datenmaterial und die wissenschaftliche Qualität der vorliegenden Studien nicht aus, so die Forscher.
Opioid-Einnahme über Monate hinweg soll die Ausnahme bleiben
Als sinnvoll erachten die Experten eine ein- bis dreimonatige Behandlung mit opioidhaltigen Schmerzmitteln vor allem bei chronischen Rückenschmerzen sowie langfristigen Schmerzen durch diabetische Nervenschädigung, nach Gürtelrose oder Gelenkverschleiß (Arthrose).
Bei anderen, nicht tumorbedingten Schmerzen (zum Beispiel sekundären Kopfschmerzen, chronischen Schmerzen bei Gehirnläsionen oder durch eine manifeste Osteoporose) kann eine Behandlung mit opioidhaltigen Schmerzmitteln als individueller Therapieversuch durchgeführt werden.
Nur in Ausnahmefällen soll eine Dosis von mehr als 120 Milligramm pro Tag orales Morphinäquivalent überschritten werden. Grundsätzlich sollen Opioide nur dann länger als drei Monate eingenommen werden, wenn die Medikamente gut verträglich sind und sich durch die Behandlung die Beschwerden bessern.
Keine alleinige Rückenschmerztherapie mit Opioiden
Bei der medikamentösen Behandlung chronischer (Rücken-)Schmerzen ist es jedoch wichtig, dass die Beschwerden nicht ausschließlich mit opioidhaltigen Analgetika therapiert werden. Vielmehr sollten die Medikamente Teil einer multimodalen Therapie sein. Bei einer solchen Behandlung werden mehrere Strategien kombiniert, um den Rückenschmerz von verschiedenen Seiten aus zu bekämpfen.
Dazu gehören unter anderem Selbsthilfe- und Bewegungsangebote. Physikalische, ergo- und physiotherapeutische sowie psychotherapeutische Verfahren und die Änderung des Lebensstils sollen die medikamentöse Schmerztherapie ergänzen und abrunden.
Gewöhnungseffekt bei längerer Opioid-Gabe
Nach sechs Monaten sollte der Arzt zudem mit dem Patienten bei einem guten Ansprechen der Therapie die Möglichkeit einer Dosisreduktion und eines Auslassversuchs besprechen. Denn mit längerer Einnahme von Opioiden steigt das Risiko, abhängig zu werden. Zudem kann sich der Körper an das Medikament gewöhnen, welches auf Dauer immer weniger Wirkung gegen die Schmerzen zeigt.
Die Leitlinie nennt darüber hinaus auch Beschwerden, die grundsätzlich nicht mit opiodhaltigen Schmerzmitteln behandelt werden sollen: Dazu gehören Migräne- und Spannungskopfschmerzen, Schmerzen bei seelischen Störungen (zum Beispiel Depressionen) und bei funktionellen Störungen wie Reizdarm oder Fibromyalgie.